Lebensmittelindustrie und Ernährungstrends Teil 2 – Antibiotika in der Lebensmittelkette
Antibiotika sind wichtig zur Behandlung von bakteriellen Infektionen. Aber durch einen übermäßigen und unsachgemäßen Gebrauch von Antibiotika kann es passieren, dass Bakterien unempfindlich (resistent) gegen Antibiotika werden. Das hat schwerwiegenden Folgen, denn so können durch Antibiotika normalerweise leicht behandelbare Infektionen unkontrollierbar oder sogar lebensbedrohlich werden. Weil sie so schwer zu bekämpfen sind, können sich diese resistenten Keime schnell ausbreiten, wie etwa in der Human- und Tiermedizin bei mangelnder Hygiene. Daher hat das Thema Antibiotika-Resistenz inzwischen auch bei der Bundesregierung und der Weltgesundheitsorganisation WHO eine große Bedeutung.
Die Antibiotika-Verteilung sei ein steter Kreislauf zwischen Menschen, Tieren und Umwelt, leitete Katrin Schlüter ihren Vortrag ein. 10–90 % der Medikamente würden metabolisiert und unverändert vom Tier und Menschen ausgeschieden.
Dabei spielen die Antibiotika aus unserer medizinischen Versorgung nur eine geringe Rolle. Viele Antibiotika gelangen aus der Tierhaltung über die Ausscheidung in Gewässer und Böden, in die Pflanzen und ins Grundwasser und somit letztendlich auch zum Menschen. Der Einsatz von Antibiotika ist dabei regional sehr unterschiedlich verteilt: Je mehr Tierhaltung in einer Region betrieben wird, desto höher ist der Gülleanteil mit Rest-Antibiotika. Und je mehr Antibiotika auf diese Weise anfallen, desto häufiger können sich dagegen resistente Bakterien entwickeln.
Nicht zu vergessen die Antibiotika, die wir Menschen aus therapeutischen Gründen einnehmen (müssen). Diese gelangen ebenfalls über die Ausscheidung ungefiltert in die Kanalisation. Selbst medizinische Einrichtungen verfügen oft noch nicht über spezielle Filtereinrichtungen für ihre Abwassersysteme.
Mit DART 2020 wurden neue Bestimmungen eingeführt, wie etwa die Meldepflicht für den Antibiotika-Einsatz in der Tiermedizin oder die Eindämmung unnötiger Antibiotikaverschreibungen bei viralen Erkrankungen. So werden 90 % der Erkältungen durch Viren und nicht durch Bakterien verursacht, sodass Antibiotika in diesen Fällen nicht wirken!
Theoretisch können in allen Lebensmitteln Rückstande von Antibiotika enthalten sein. Die nachgewiesenen Mengen in Deutschland liegen jedoch unter den vorgeschriebenen Grenzwerten. Und auch, wenn Kläranlagen (noch) nicht dafür ausgelegt sind, Mikroverunreinigungen und Antibiotika aus dem Klärschlamm zu eliminieren: Generell sind derzeit keine akuten Gefährdungen für Böden und die menschliche Gesundheit durch mit Klärschlamm eingetragene Arzneimittel bekannt.
Erfahrungsgemäß halten sich nicht immer alle an Regeln. Daher sind Kontrollen notwendig und sinnvoll, aber auch nicht immer möglich, denn viele Lebensmittel werden außerhalb Europas gezüchtet und verarbeitet. Ein Beispiel hierfür sind Garnelen aus asiatischen Aquakulturen, bei denen Antibiotika-Rückstände nachgewiesen wurden, die zum Teil weit über den Grenzwerten lagen.
Patienten mit Mukoviszidose gehören zu den Menschen mit erhöhtem Risiko für schwere Infektionen, etwa durch Ansteckung oder durch das Eindringen von Bakterien im Rahmen von Verletzungen. Daher sollten sie ihre Situation und Möglichkeiten genauer analysieren und folgendes beachten:
Der Verzicht auf Fleisch bzw. die Mäßigung des Fleischkonsums muss kein Nachteil sein. Fleisch ist ein Eiweiß- und Fettlieferant, der durch andere Produkte ausgetauscht werden kann. Hierzu gehören ausreichend Milch- und Milchprodukte, Hülsenfrüchte und Getreide sowie hochwertige pflanzliche Öle und Nüsse.
Ein allgemein geringerer Fleischkonsum hätte auch viele gesellschaftlich positive Auswirkungen, erläuterte die Diätassistentin. Bei abnehmender Nachfrage würde der Preisdruck abnehmen. Würden weniger Tiere benötigt, wäre auch die Dichte der Tierhaltung verringert. Das wiederum diene dem Tierwohl und der Tiergesundheit – und würde dazu führen, dass weniger Antibiotika eingesetzt werden und später in die Umwelt gelangen.
Als Fazit beendete Schlüter ihren Vortrag mit der Erkenntnis, dass wir alle in der Vergangenheit zu unkritisch mit Antibiotika umgegangen sind. Umso wichtiger sei es, dass sich künftig jeder bemühe, im Rahmen seiner Möglichkeiten ein Teil der Lösung zu werden, anstatt ein Teil des Problems zu bleiben. Denn nur wenn dieses Umdenken einsetze, würden Antibiotika auch künftig als Grundpfeiler der Medizin zur Verfügung stehen.
Der Bericht basiert auf dem Vortrag „Antibiotika in der Lebensmittelkette – ein Problem für Patienten mit Mukoviszidose?“ von Katrin Schlüter, Diätassistentin der Hochschule Hannover und wurde am 18. November 2020 im Rahmen der 23. Deutschen Mukoviszidose Tagung gehalten.